Wie und wo ich wachsen will
Eckhard Gab
Ich selber bin nicht wirklich groß, nur etwa 1,80. Unsere drei Söhne sind längst größer als ich. Und doch haben sie einmal darauf hin gefiebert in ihrem Leben, so groß zu sein wie ihr Papa!
Warum? – Weil Kinder wachsen wollen!
Denn je größer du wirst, desto mehr kannst du tun. Umso mehr
Taschengeld kriegst du. Umso länger darfst du abends wegbleiben.
Desto mehr wird dir zugetraut. Desto erwachsener wirst du behandelt.
Desto klüger wirst du – und kannst nicht mehr so leicht ausgetrickst
werden …
Kinder wollen wachsen!
Im geistlichen Leben ist das genauso!
Wenn du noch nicht so lange Christ bist, dann willst du wachsen.
Dann hast du eine große Sehnsucht danach, dass dein Leben sich
verändert, dass du Gott erlebst und immer besser kennen lernst, dass
du immer mehr verstehst und immer mehr so bist und lebst, wie er
sich das wünscht.
Je jünger du bist, umso mehr ist das so. Du willst kein kleines Kind
sein.
Aber je älter du wirst, also je mehr Monate und Jahre du als Christ auf dem Buckel hast, desto mehr verlierst du das Interesse daran zu wachsen. Du gibst dich viel eher mit dem, was ist, also mit dem Status quo, zufrieden!
Das geistliche Erwachsensein verliert mit der Zeit seinen Reiz.
Und das ist wohl deshalb so, weil wir nach und nach merken, was Christsein tatsächlich bedeutet, was es kostet!
Im richtigen Leben ist das ja auch so:
Erwachsen sein hat mit Verantwortung zu tun, und mit Pflichten – nicht nur mit Rechten. Und da kann es schon mal passieren, dass wir uns genau davor drücken!
Wie viele Menschen bewahren sich viel lieber ihre Unbekümmertheit, ihre Freiheit und ihre Freiräume, haben gerne Spaß, keinerlei Verpflichtungen, genießen das Leben. Legen sich nicht fest. Lassen sich den Wind um die Nase wehen.
Und mit ihrem Glauben machen sie, und wir, es gerne auch so.
Denn wir finden das gut, es ist bequem so! Christ sein an langer
Leine. Ohne viel Verpflichtungen. Ohne viel Verantwortung. Dabei,
aber doch auch sein eigener Herr sein. Frei. Ungebunden.
Unverbindlich. Geistliches Couching. Alles ganz chillig. Tun und
lassen, was man möchte.
Engagiert, entschieden, fundiert, konsequent, verlässlich – das können wir auch noch in 10 oder 20 Jahren werden!
Wir stellen uns das so vor:
lange den Glauben genießen, auf allen Hochzeiten tanzen, mitnehmen, was wir mitnehmen können – und so etwa 7 oder 12 Jahre vor der Entrückung machen wir Schluss mit lustig und mutieren zu ernsthaften Christen, die von nun an voll und ganz und kompromisslos auf der letzten Wegstrecke sich nur noch für Jesus einsetzen!
Gott aber will, dass wir heute schon zunehmen! Nicht so wie der normale Mann erst ab 50, oder der weise Mann erst ab 65 …
Im Epheserbrief geht es u.a. um genau dieses Thema. Da ist die Rede davon, dass Christen wachsen sollen, zunehmen, und zwar an ihrem inwendigen Menschen, also im Glauben. Ziel ihres Christseins soll sein, dass sie Erwachsene im Glauben werden.
Dass die Christen in Ephesus dafür die Kraft bekommen, darum betet
Paulus (in Kp. 3, 16: Ich beuge meine Knie vor dem Vater, dass er euch
Kraft gebe, stark zu werden am inwendigen Menschen!).
Zu wachsen ist nämlich keine Sache, die man eben mal so mit links oder gar nebenbei erledigt!
Und als Ziel aller Gemeindearbeit nennt Paulus in Kp. 4, 13, dass alle zu einem vollendeten Erwachsenen werden sollen, zum vollen Maß der Fülle Christi gelangen, so formuliert er es – dass also Jesus voll und ganz in uns drin und nur noch er Herr ist, dass wir eben keine unmündigen Teenager mehr sind (V. 14), deren Glauben von jedem durcheinander gebracht werden kann, sondern dass wir wachsen und fest stehen im Glauben. – So weit Paulus.
Ich aber will das nicht, zunehmen. Ich steh auch geistlich eher auf Diät und Kalorien zählen. Ich könnte mich ja überfressen z.B. oder gar geistlich überfüttert werden. Fett sein ist nicht chic. Nur nicht zu viel! Nicht übertreiben! Allzu viel ist ungesund, Intervallfasten dagegen voll im Trend! Ich will kein dicker auffälliger Christ sein!
Und wenn ich mir dann die vermeintlich geistlichen Erwachsenen
genauer anschaue, verliere ich vollkommen die Lust darauf, so zu
werden wie die: so langweilig, so unbedeutend / banal, so
gleichgültig.
Wo sind in deiner Gemeinde die attraktiven erwachsenen Christen?
Dumm nur, dass sich Gott nicht für unsere Vorbilder oder möglicherweise fehlende Vorbilder interessiert – er interessiert sich vielmehr für mich als Vorbild. Ihn interessiert es, was ich aus meinem Leben mache!
Kindern von Firmeninhabern wird spätestens bei der Testamentseröffnung klar: Mensch, jetzt muss ich Gas geben und Verantwortung übernehmen!
Als König David stirbt, macht er ein ganz ähnliches Vermächtnis,
nicht seine materiellen Güter betreffend, sondern sein geistliches
Erbe betreffend.
Den Thronfolger, d. i. sein Sohn Salomo, verpflichtet er auf 3
Dinge: Sei mutig, sei ein Mann, diene dem Herrn! (nachzulesen in 1.
Kön 2, 2+3)
Menschen, denen du am Herzen liegst, die sich für dich verantwortlich fühlen, die dich in deinem Christsein begleiten, diese Menschen sagen zu dir genau das gleiche.
Dein Pastor, deine Eltern, deine Paten, dein Mitchrist in der Gemeinde, gute Freunde. Die sagen zu dir: Sei mutig, sei erwachsen, sei ein Diener von Jesus! Hör auf damit herumzueiern und mach ernst. Sei kein Kind mehr, wenn es ums Verstehen geht (so formuliert das Paulus in 1. Kor 14, 20), sondern hör gut zu und gehorche. Tu das, was Gott dir sagt. Mach Schluss mit dem doppelten Spiel. Sei ein Jünger. Folge Jesus. Lass das Böse, tu das Gute. Und erfülle bitte deine Aufträge!
Wenn du das nicht willst, könnten wir jetzt auch schon zum Segen
übergehen …
Aber wenn du das willst, wachsen, dann lass uns noch ein wenig
darüber nachdenken, wie und wo das möglich ist!
Hast du schon mal probiert, selber zu wachsen? Wir können es ja mal versuchen: uns an den Haaren ziehen, sofern wir welche haben, und gucken, ob wir länger oder größer werden … Funktioniert nicht!
Wir können uns also nicht selber wachsen machen, doch wir selber können für unser Wachsen etwas machen!
Wie können wir wachsen?
Wenn wir in Verbindung stehen zu, sagen wir mal, guten Trainern und
Meistern. Vitamin B bringt auch hier vorwärts!
Natürlich ist die Beziehung zu Jesus entscheidend für das Wachstum.
Losgelöst von ihm, wächst kein Nachfolger!
Nimm den Blumenstock aus der Erde – und er geht ein. Nimm den Christ
von Christus weg – und er stirbt ab!
Welchen Raum nimmt Jesus in deinem Leben ein?
Bei den meisten Christen ist es die Abstellkammer. Sie stellen Jesus
irgendwo in ihrem Leben ab.
Natürlich gibt es auch die Frömmeren, die ihm einen Altar im Haus
einrichten. Und dort besuchen sie ihn, morgens – und die ganz
Frommen auch noch am Abend …
Wie aber kriege ich Jesus ins Zentrum des Geschehens? Wie setze ich
die Aufforderung von Jesus um: „Bleibe in mir“? Er hat doch nicht
gesagt: „Besuche mich ab und zu!“
Darauf gibt es nun eine eher untypische Antwort. Denn jetzt ist
nicht vom Bibellesen und auch nicht vom Beten die Rede, was wir
erwarten würden und was ja auch nicht falsch ist.
Sondern: Es bleibt derjenige in Jesus, der sich halten lässt!
Das Blatt am Baum sagt im Herbst nicht: So, jetzt fall ich mal ab –
sondern es wird abgestoßen.
D.h. du bleibst dann an Jesus, wenn du dir gefallen lässt, was er mit dir tut!
Jesus lebt in mir, so sagt die Bibel in Gal 2, 20. Dass er das tut, dass Jesus sich in mir austobt, das lasse ich zu. Ich schränke ihn nicht ein und dränge ihn auch nicht zur Seite. Sondern ich mache ihm Platz und genau dies mir jeden Tag bewusst: Nicht ich lebe … Und ich bitte darum: Lebe du in mir!
Zu bleiben, d. i. nämlich nicht meine Arbeit, sondern eine Selbstverständlichkeit. Will heißen: Ich halte Jesus still. Was immer er tut oder nicht tut, was immer er sagt oder nicht sagt, das halte ich aus. Ich halte nicht fest, sondern ich halte aus. Ich halte still. Ich lasse mit mir machen.
Jesus gibt dir keine Antwort? Das ist okay.
Jesus lässt dich warten? Das ist okay.
Jesus lässt dich durch die Prüfung fallen? Das ist okay.
Jesus lässt dich scheinbar umsonst und mit nur geringem Erfolg arbeiten? Das ist okay.
Jesus lässt deinen Kollegen über dich ablästern, dich mobben? Das ist okay.
Jesus macht es anders als gedacht? Das ist okay.
Jesus macht dich nicht gesund? Das ist okay.
Jesus lässt deinen Ehepartner sterben? Das ist okay.
Das ist für mein Wachstum am meisten förderlich. Ich will Jesus in mir und meinem Leben sehen – mich und was und wie ich es machen würde, das kenn ich ja schon!
Ich lasse Jesus an mir handeln.
Und da wird er mich eben nicht nur beschenken, sondern er wird auch mal das ein oder andere in meinem Leben abschneiden, damit ich weiter wachse. Gott gibt, auch wenn er nimmt!
So nimmt er mir mein Hobby weg, den Fußball oder das Reiten, wenn
das ihm im Weg ist. Oder die Gesundheit. Oder meinen sicheren Job.
Oder ich muss einen Menschen, einen Freund (oder eine Freundin)
aufgeben, weil er (oder sie) mein Wachstum behindert.
Wenn ich das Jesus nicht erlaube, dann wachse ich auch nicht! –
Und wo können wir wachsen?
Wenn wir uns an den dafür günstigen Orten aufhalten – und uns begießen und düngen lassen.
Meine Großmutter düngte unsere Erdbeeren im Garten mit der Jauche
aus dem Plumpsklo …
Ja, manchmal muss die Gülle über uns ausgegossen werden, damit wir
ordentlich wachsen.
Es ist nicht die kuschelige Gemeinde und auch nicht der
verständnisvolle Pastor, die dich wachsen lassen, sondern das harte
Wort Gottes, das dich in der Gemeinde trifft. Es ist nicht das
bequeme Sofa, sondern die unbequeme Korrektur, die dein Leben
verändert. Es ist nicht der, der dir nach dem Mund redet, sondern
der, der dir in den Hintern tritt … eben die beschissene Situation!
Such dir deshalb unbequeme Leute!
An denen du dich reiben kannst.
Leute, die deine Schwächen benennen, anstatt deine Gaben zu
bejubeln.
Geh ihnen nicht aus dem Weg!
Wenn es in deiner Gemeinde nur nett ist, du aber nicht wachsen kannst in ihr, ist es dann noch die richtige? Und wenn du keinen Lehrer hast, der dir das Wort Gottes erklärt, warum suchst du dir keinen? Wenn du niemanden hast, der mit dir betet und dir die Beichte abnimmt, geh nach dem Gottesdienst auf jemanden zu! Und wenn du keinen hast, der ehrlich zu dir ist und dir Gottes Meinung über dich sagt, such dir jemanden! –
Wer sorgt für die Nahrung deines geistlichen Lebens?
Suche die Orte auf, wo du geistlich wachsen kannst.
Und suche die Menschen auf, die dir helfen, Gott zu gehorchen.
D.h. im Umkehrschluss aber auch:
Meide Menschen, die dein Wachstum behindern! Und meide genauso die
Orte, die deinem Wachstum nichts nutzen, sondern schaden.
Du weißt, wo du nicht hingehörst. Und du weißt auch, zu wem du nicht gehörst.
Es wird Zeit, dass wir erwachsen werden.
Darum nutze diesen Tag heute, um zu wachsen.