Mennoniten Branchweilerhof
Evangelische Freikirche

 

Palmsonntag 2020

Wir feiern am letzten Sonntag der Passionszeit, vor Karfreitag und Ostern, den sog. „Palmsonntag“. Jesus wurde nach der biblischen Überlieferung mit Palmzweigen auf dem Boden, auf einem Eselsfohlen reitend in Jerusalem als neuer König willkommen geheißen und bejubelt („Hosianna“ = „Gelobt sei Gott“). Damit erfüllte sich eine alttestamentliche Verheißung. Aber wie schnell war die Begeisterung vorbei und schlug um in „Kreuzige ihn!“-Rufe, weil er die Erwartungen der Menschen nicht erfüllte. Und wie leicht ließen sich damals – wie heute – die Massen manipulieren…

Wie begehst Du die Passions- und Osterzeit? In froher Erwartung der Auferstehung des Sohnes Gottes und mit großer Freude über seinen Sieg über Schuld und Tod oder leidest Du vor dich hin in Angst und ohne Hoffnung? In Zeiten der Corona-Bedrohung kann einem manchmal schon angst und bange werden – aber wer oder was soll über dein Leben herrschen/es bestimmen? Die Angst oder (Gott-)Vertrauen und Hoffnung?

Die Passionszeit darf eine Zeit der Vorbereitung auf das Fest der Auferstehung Jesu sein. Sie wird von manchen genutzt zum Verzicht auf bestimmte Ess- oder Lebensgewohnheiten – um wenigstens ein ganz kleines bisschen das Leiden Jesu auf dem bewussten Weg hin zum Kreuz nachempfinden zu können.

Aber sind die vergangenen Wochen nicht schon ausreichend bestimmt von Verzicht…? Und werden die kommenden Wochen vielleicht noch viel schwieriger oder noch stärker bestimmt vom Verzicht oder sogar Leiden? Wir leben mehr oder weniger mit eingeschränkten persönlichen Kontakten, verzichten weitestgehend auf Nähe und haben manchmal auch Angst vor den wirtschaftlichen Folgen (– oder erleben sie vielleicht sogar schon hautnah…), vor Krankheit und dem Tod.

Man sagt, die menschlichen Bedürfnisse lassen sich im Wesentlichen auf 2 Dinge reduzieren: „Sicherheit und Bedeutung“. Mit der Sicherheit ist es gefühlt spätestens seit den offiziell ausgesprochenen Beschränkungen des öffentlichen Lebens vorbei – obwohl wir dankbar sein dürfen, wie gut wir in unserem Land auf vielerlei Weise abgesichert und tatsächlich vermutlich kaum weniger sicher sind als vorher… Aber das empfinden wir eben oft ganz anders.

Manche empfinden die Einschränkungen sogar als eine Art Freiheitsberaubung:

Bild Virus an der Kette am Bein von des Streetart-Künstlers Rebel Bear ist an einer Wand in der Bath Street in Glasgow (Großbritannien). Quelle: Tagesschaue.de

Bild: Ein Kunstwerk des Streetart-Künstlers Rebel Bear ist an einer Wand in der Bath Street in Glasgow (Großbritannien) zu sehen. Das Bild fängt die globale Corona-Krise ein und zeigt einen Mann, an dessen Bein ein Virus gekettet ist.

Quelle: Tagesschaue.de / dpa

Sehr anschaulich, meine ich, wird das in dem obigen Wandbild dargestellt.

Wovon sind wir gefangen oder zu wessen Gunsten geben wir unsere Freiheit auf? Wir können (und sollen) das Virus nicht einfach ignorieren – aber es muss nicht unser Leben bestimmen – und schon gar nicht die Angst davor! Wir dürfen uns der Gnade Gottes anvertrauen und die verheißene Freiheit von der Knechtschaft der Schuld oder den Vorgaben der Gesellschaft, Freunde, Vorgesetzten,… in Anspruch nehmen! Deshalb feiern wir Ostern – den Sieg des Sohnes Gottes über Schuld und Tod!

Wir leben in dieser Welt und müssen mit ihren Realitäten umgehen – aber wir entscheiden über die Prioritäten! Im Markusevangelium Kap. 14 (3-9) wird von einer Frau (ihr Name wird nicht genannt) berichtet, die Jesus mit einem sehr wertvollen Öl übergießt („salbt“). Einige der Gäste regen sich über diese „Verschwendung“ auf – ich hätte vermutlich auch dazugehört… „Muss das sein? Diese Ressource hätte man viel sinnvoller einsetzen können!“ Jesus lässt sie gewähren und nimmt sie in Schutz: „Sie hat mir etwas Gutes getan. Außerdem hat sie meinen Körper schon im Vorgriff auf mein Begräbnis gesalbt. Und man wird sich immer wieder an ihre Tat erinnern!“ Jesus rückt die Prioritäten der Gäste (vermutlich Jünger und andere Nahestehende) zurecht. Die Frau ehrt Jesus mit ihrem Handeln und zeigt ihm ihre Wertschätzung!

Tendieren wir nicht auch meist zur Vernunft, zu dem was in unseren Augen Sinn macht? Dabei verlieren wir manchmal aus den Augen (oder vergessen zu fragen), was aus Gottes Sicht gut ist und ihm Ehre macht.

Bei Jesus sind wir „sicher“ – wenn auch nicht unbedingt nach menschlichen Maßstäben – und das schützt uns nicht immer vor finanziellen Schwierigkeiten, Krankheit und Tod. Aber wir dürfen seinen Kreuzestod zur Vergebung unserer Schuld in Anspruch nehmen und damit eine ganz andere Freiheit und Sicherheit genießen.

Damit sind wir auch gleich bei der „Bedeutung“ jedes Einzelnen. Vielleicht ist aktuell auch unsere „Bedeutung“ in Gefahr – durch finanzielle Einbußen, Verlust des Arbeitsplatzes oder gesundheitliche Einschränkungen. Aber für Gott ist jeder einzelne Mensch bedeutsam! Für jeden Einzelnen ist Jesus ans Kreuz gegangen – er möchte jedem eine persönliche Beziehung, den Zugang zu Gott ermöglichen. Wir brauchen ihn nur zu suchen – und dürfen zu „Königskindern“ werden. Wenn das mal nicht „Bedeutung“ heißt!
Bundeskanzlerin Merkel hat angekündigt, es gebe „eine andere Osterzeit als je zuvor“. Da hat sie wohl Recht. Für die meisten heißt das vermutlich: kein Urlaub, keine Familienbesuche, keine Grillparties, … Für uns (und viele andere) wird das wohl u.a. weiter heißen: kein gemeinsamer Ostergottesdienst, kein gemeinsamer Osterbrunch, kein gemeinsames Singen. Das „gemeinsam“ wird zumindest in der persönlichen Begegnung fehlen. Und trotzdem wird das Osterfest stattfinden und wir dürfen uns an die Auferstehung und den Sieg Jesu über den Tod erinnern! Wenn auch vielleicht „anders als je zuvor“…

Dazu nächste Woche mehr.

Seid kreativ und erinnert andere Menschen mit neuen Methoden an den Grund für das Osterfest!

In diesem Sinne: eine gesegnete Karwoche und jetzt schon „FROHE OSTERN!“

Udo Adams